Join the Team

ChatGPT – Vom Sprachroboter zum ERP-Entwickler?   

ChatGPT war von der ersten Sekunde an ein Renner: Nach dem Start am 30. November 2022 meldeten sich innerhalb von fünf Tagen eine Million Nutzer an. Zum Vergleich: Instagram brauchte zweieinhalb Monate und Spotify sogar fünf, um diese Nutzerzahl zu erreichen. Seitdem spricht ganz Deutschland von der digitalen Plaudertasche, die eigenständig und in Sekundenschnelle Texte für alle Lebenslagen schreibt. Ob Liebesbrief, Vortrag, Hausarbeit, Gedicht oder Songtext: Der schlaue Bot formuliert so überzeugend, dass kaum zu erkennen ist, dass kein Mensch aus Fleisch und Blut hinter dem Geschriebenen steht.  

„Eliza“ – Mutter aller Chatbots 

Sprachroboter sind alles andere als neu. Bereits in den 60er Jahren entwickelte Joseph Weizenbaum mit „Eliza“ eine frühe Vorläuferin des modernen Chatbots. Die virtuelle Psychotherapeutin konnte schon damals ein einfaches Therapiegespräch führen, indem sie auf Eingaben des Nutzers simple Rückfragen stellte. Rund 60 Jahre später gehören Sprachroboter und digitale Assistenten zum virtuellen Alltag. Allen voran Alexa, Google Assistant oder Siri. Und wahrscheinlich hatte auch fast jeder schon einmal das Vergnügen mit einem Chatbot, der beim Shoppen im Netz oder der Hotelbuchung Fragen zu Produkten oder Services beantwortet hat.  

Was alle diese Systeme eint: Sie sind zwar in der Lage, einfache natürlichsprachliche Anfragen zu verstehen, aber sie können kaum kontextbezogen antworten. Ihr rudimentäres Text-/Sprachverständnis beschränkt ihren Anwendungsbereich daher bisher nur auf bestimmte Aufgaben. 

Was macht ChatGPT besonders? 

ChatGPT ist anders. Er dringt weitaus tiefer in die Bedeutung sprachlicher Eingaben ein und kann daher auch komplexe Fragen beantworten. Doch was macht ihn so viel besser als bisherige Sprachsysteme? In erster Linie die riesigen Datenmengen, mit denen man ihn füttert: Bis heute wurden rund 300 Milliarden Wörter und 570 GB an Daten aus Büchern, Webtexten, Social Media und anderen Quellen in das System eingegeben. Das Training funktioniert dabei nach dem Prinzip des bestärkenden Lernens, d.h. Antworten werden mit positivem oder negativem Feedback „belohnt“. Anfangs wird das Ganze noch von Menschen überwacht, später optimiert sich das Programm mit der sogenannten „Proximal Policy Optimization“ (PPO) selbst. Das Ergebnis ist ein Sprachmodell mit rund 175 Milliarden Parametern. 

 

ChatGPT kann Sätze mit bis zu 1.500 Wörtern verstehen, er kann übersetzen und beherrscht mehrere Sprachen. Im Deutschen hapert es noch bei Grammatik und Zeichensetzung, aber auch diese kleinen Fehler werden vermutlich schon bald ausgemerzt sein. Ein weiteres Manko ist aktuell noch der Wissensstand des Systems: Bisher wurde ChatGPT nur mit Daten bis Ende 2021 trainiert. Fragen zum Ukraine-Konflikt oder zur Fußballweltmeisterschaft 2022 beantwortet das Programm zwar sehr eloquent, aber die Antworten sind entweder reine Spekulation oder frei erfunden. 

ChatGPT als virtueller Servicemitarbeiter?  

Auch wenn ChatGPT sich aufgrund von sprachlichen Mängeln und der begrenzten Wissensbasis heute noch nicht für die Anwendung in Unternehmen eignet – das Potenzial ist da. Schon bald könnte der smarte Chatbot dabei helfen, schnell und einfach auf Kundenanfragen zu reagieren. Dazu verbindet man ihn über Schnittstellen (API, Application Programming Interface) mit anderen Anwendungen im Unternehmen, wie zum Beispiel einem CRM- oder ERP-System. Der Bot könnte dann beispielsweise in der Lage sein, einen Kunden bei der Lösungsfindung zu unterstützen, etwa bei der Fehlfunktion einer Maschine. Eine Aufgabe, für die bisher noch ein menschlicher Service-Mitarbeiter nötig ist. 

Auch Suchmaschinen-optimierte Texte und Beschreibungen für Webseiten, Produktbeschreibungen für OnlineShops oder individualisierte Handbücher werden möglicherweise künftig keine Redakteure aus Fleisch und Blut mehr schreiben, sondern ChatGPT. Dasselbe gilt für Social Media Postings, E-Mails oder Blogbeiträge. Auch wenn gerade bei komplexen Themen sicherlich noch ein Mensch nachsteuern muss – das Grundgerüst solcher Texte könnte schon bald aus der Feder des smarten Sprachroboters stammen 

Programmcode per Bot 

Noch spannendere Perspektiven dürfte für Software- und ERP-Hersteller eine weitere KI von OpenAI bieten: OpenAI Codex. Basierend auf dem Algorithmus GPT-3.5, der auch ChatGPT trainiert, lässt sich mit dem System natürliche Sprache in Programmiercode übersetzen. Anwender könnten so Quellcodes für einfache Apps selbst per Befehl erzeugen und damit die Entwicklungsabteilung entlasten. Diese hätte wiederum Kapazitäten frei, um sich auf komplexere Fragestellungen zu konzentrieren.  

Die automatische Generierung von Programmcode via Sprachbefehl stellt eine Weiterentwicklung der Low Code Programmierung dar.  Low Code- oder No Code-Ansätze erlauben es Anwendern schon heute, verschiedene Bausteine und Logiken über eine intuitive grafische Benutzeroberfläche zusammenzustellen und so ohne Programmierkenntnisse einfache Apps zu erstellen. Auch in der Anpassung und Erweiterung von Unternehmenssoftware – insbesondere ERP – kommen solche Plattformen vermehrt zum Einsatz.

Spinnt man die Geschichte weiter, könnten OpenAI Codex oder ähnliche KI-Modelle in nicht allzu ferner Zukunft das Customizing von ERP-Systemen stark vereinfachen und beschleunigen. Etwa indem der Anwender per Sprachbefehl selbständig Prüfschritte bei der Erfassung von Kundenaufträgen einfügt oder zusätzliche Felder im Kundenstamm ergänzt.  

Der Knackpunkt an diesem durchaus interessanten Szenario: Um Code generieren zu können, braucht eine KI wie OpenAI Codex Zugriff auf viele Code-Beispiele. Es gibt bereits Möglichkeiten, das Modell mit eigenen Frameworks und Datenstrukturen zu verfeinern, aber in der Regel sind Low Code-Plattformen und ERP-Systeme proprietäre Software. Sowohl das Datenmodell der ERP-Lösung,  als auch die verwendeten (teilweise proprietären) Frameworks und Libraries müssten dem System bekannt gemacht bzw. nachtrainiert werden. Derartige Anwendungsszenarien stehen daher noch ganz am Anfang.  

KI mit Zukunft 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ChatGPT aufgrund seiner herausragenden und außergewöhnlich umfangreichen Ergebnisse in jedem Fall das Potenzial hat, intelligente Chatbots deutlich zu verbessern sowie einfache Texte bzw. inhaltliche Grundgerüste für komplexe Ausarbeitungen zu liefern. Die Entwicklung von Programmcode durch Sprache könnte darüber hinaus sogar eine kleine Revolution für Software- und ERP-Hersteller bedeuten. Noch ist das sicherlich Zukunftsmusik. Aber es steht außer Frage, dass künstliche Intelligenzen wie ChatGPT und OpenAI Codex künftig verstärkt Einzug in die Software- und damit auch in die ERP-Welt halten werden.

ChatGPT Overview

ChatGPT(Generative Pre-trained Transformer) ist ein dialogbasierter Chatbot, der künstliche Intelligenz (KI) nutzt, um menschliche Sprache zu “verstehen” und Antworten zu erzeugen, die sich von menschlichen Antworten praktisch nicht unterscheiden. Für die Textverarbeitung nutzt ChatGPT den KI-Algorithmus GPT-3.5, ein Natural-Language-Generation-Modell, das zusätzlich von menschlichen Trainern mittels der Lernverfahren Reinforcement Learning und Supervised Learning optimiert wurde. Im Rahmen des Trainings wurde der Chatbot mit zahllosen Daten aus Büchern, Websites, Blogeinträgen, Studien oder Social Media-Posts gefüttert, um zu erlernen, wie Menschen Sprache nutzen. Um die Texterstellung und das dahinterstehende Modell zu verbessern, wird die KI von ChatGPT durch menschliches feedback kontinuierlich weiter trainiert. 

Die Macher

Macher von ChatGPT ist OpenAI. Das Unternehmen wurde 2015 zunächst als gemeinnütziges und unabhängiges Forschungsinstitut gegründet – einer der Gründer war damals Tesla-Chef Elon Musk. Ziel der Organisation sollte es sein, Künstliche Intelligenz (KI) auf Open-Source-Basis zu erforschen, neue Modelle und Erkenntnisse zu entwickeln und diese mit anderen Institutionen und der Öffentlichkeit zu teilen. Doch das gemeinnützige Image von OpenAI hatte nicht lange Bestand: 2019 wurde die OpenAI-Organisation umstrukturiert und gehört nun zu einem Mutterkonzern, der einem sogenannten “Capped Profit”-Modell folgt und damit auch Profite machen darf. Mittlerweile hat Microsoft rund eine Milliarde Dollar in OpenAI investiert und plant, ChatGPT in seine Suchmaschine Bing zu integrieren.  

Neben ChatGPT hat OpenAI auch einige andere künstliche Intelligenzen entwickelt. Eine davon ist das Zeichenprogramm DALL-E 2. Der Name ist eine Kombination aus WALL-E und dem spanischen Künstler Salvador Dalí. Das Programm kombiniert Bilderkennung und Computerlinguistik und erstellt so fotorealistische Bilder auf der Basis von Texteingaben.